„Hast du alles?“, frage ich meinen Sohn Tom, der bereits in der Eingangstür steht. „Taschenlampe, Thermoskanne und etwas Proviant?“ „Ja“, antwortet er und drängelt zum Aufbruch. „OK, auf zur Nachtwanderung!“ Ich ziehe meine Stirnlampe über und gehe zusammen mit Tom hinaus in die klare, kalte Nacht.
Alles um uns herum ist dunkel, kein Mensch ist um diese Zeit auf dem Deich – nur Tom und ich, beide dick eingepackt gegen eisige Temperaturen. Allein der Vollmond wirft etwas Licht auf den Werdersee und den düsteren Deichweg vor uns. Bis zur Fischtreppe wollen wir heute Nacht wandern. Dort wollen wir Ausschau nach Eulen, Käuzen und anderen Tieren halten. „Vielleicht sehen wir ja auch Fledermäuse…“, ruft Tom aufgeregt. „Psst!“, ermahne ich ihn leise, „wir sollten so wenige Geräusche wie möglich machen.“
Still gehen wir beide nebeneinander und lauschen dabei in die Nacht. Mit jedem Meter erscheint uns der Weg ein klein wenig dunkler. Wir konzentrieren uns jetzt stärker auf Geräusche, weil wir uns nicht mehr so richtig auf unsere Augen verlassen können. Wir halten an, wenn der Ruf eines Tieres ertönt oder es im Gebüsch raschelt. Tom und ich versuchen, das Tier zu erraten. „Vielleicht ein Siebenschläfer?“, flüstert mir Tom zu. „Siebenschläfer halten doch Winterschlaf“, entgegne ich ihm. „Im Herbst fressen sie sich Vorräte für die nächsten sechs Monate Ruhe an. Apropos: Ich kriege nun auch langsam Hunger.“
Wir setzten uns nahe der Fischtreppe auf einen kleinen Felsen. Ich schalte meine Stirnlampe ein, packe die Kekse aus und schenke uns einen Schluck heißen Tee aus der Thermoskanne ein. Angestrengt blicke ich in den Nachthimmel und versuche dort oben etwas zu erkennen. „Schau mal, ist das dort die Kassiopeia?“, frage ich Tom nach einiger Zeit. Doch Tom antwortet schon nicht mehr. Ich schaue ihn kurz an und sehe, wie ihm bereits die Augen zufallen. „OK, ich denke mal, für uns wird es Zeit für den Heimweg.“